Die Jury begründet ihre Entscheidung wie folgt: „Mit seinem Projekt „Fulda Gap“ greift Len David Oswald ein weitgehend unbekanntes Szenario des Kalten Krieges auf. Die Region rund um Fulda, unmittelbar an der ehemaligen innerdeutschen Grenze zwischen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und der Bundesrepublik Deutschland (BRD) gelegen, befand sich am westlichen Punkt des Ostblocks und galt daher als potenzielle Einfallsroute des Warschauer Pakts in Richtung Westeuropa. Im Falle einer Eskalation kalkulierte die NATO mit einem atomaren Einsatz im eigenen Gebiet, um die gegnerischen Truppen aufzuhalten. Oswald, der die Region durch Besuche bei seiner Großmutter gut kennt und mit zahlreichen schönen Kindheitserinnerungen und idyllischen Ferien verknüpft, erkundet mit seiner Kamera, wie sich diese unvorstellbare Bedrohung über 40 Jahre später noch immer in die Landschaft eingeschrieben hat. Er begibt sich dabei auf eine 160 Kilometer lange Wanderung von Frankfurt über Fulda bis zur ehemaligen Grenze und fotografiert menschenleere Orte und Wälder, immer auf der Suche nach Spuren der damaligen militärischen Präsenz. Die Jury überzeugt zum einen die kraftvolle Bildsprache, die ein diffuses Gefühl des Unbehagens vermittelt. Besonders hervorzuheben ist zum anderen das durchdachte Konzept, das sowohl eine persönliche als auch eine historische Ebene in sich trägt und angesichts aktueller geopolitischer Spannungen erschreckend zeitgemäß wirkt. Zudem beleuchtet das Projekt die gesellschaftliche Verarbeitung dieser Bedrohung auf eindrückliche Weise: Die Einbindung des Brettspiels „Fulda Gap“ aus den 1970er-Jahren zeigt, wie Bedrohungsszenarien auch spielerisch verhandelt wurden.“